Kapp-Lüttwitz-Putsch (Aufruf 13.3.1920)

175 - Euro 240,-

175 Aufruf des Reichskanzlers ... Kapp
Kleinplakat vom 13. März 1920 mit Text des politischen Programms der Akteure des Kapp-Lüttwitz-Putsches

Wolfgang Kapp, Deutschland 13. März 1920.
Ohne Druckvermerk.
Größe 38,4 x 26,9 cm.
War gefaltet, geglättet, auf festem, dünnem Papier gedruckt.
Code 27175

Text: "Aufruf des Reichskanzlers.

Reich und Volk sind in schwerer Gefahr. Wir nähern
uns mit rasender Geschwindigkeit dem vollkommenen Zusammenbruch
des Staates und der Rechtsordnung. Das
Volk fühlt nur dumpf das kommende Unheil. Die Preis
steigen unaufhaltsam. Die Not wächst. Hungersnot droht.
Korruption, Wucher, Schieberei und Verbrechen treten mit
immer größerer Frechheit auf. Die autoritätslose, ohnmächtige
und mit der Korruption verschwisterte Regierung
ist nicht imstande, die Gefahr zu beschwören. Fort mit
einer Regierung, in der ein Erzberger der führende
Geist ist!
Vom Osten droht uns Verwüstung und Vergewaltigung
durch den kriegerischen Bolschewismus. Ist diese Regierung
imstande, ihn abzuwehren? Wie entgehen wir dem
äußeren und inneren Zusammenbruch?
Nur indem wir eine starke Staatsgewalt wieder auf-
richten. Welche Idee soll uns dabei leiten?
Keine Reaktion, sondern eine freiheitliche Fortbildung
des Deutschen Staates, Wiederherstellung der Ordnung
und der Heiligkeit des Rechtes. Pflicht und Gewissen soll
wieder in deutschen Landen regieren. Deutsche Ehre und
Ehrlichkeit soll wiederhergestellt werden.
Die ohne Mandat weiter regierende Nationalversammlung
erklärt sich in Permanenz. Verfassungswidrig schiebt
sie die Wahlen bis in den Herbst hinaus. Statt die Verfassung
zu hüten, die sie erst feierlich beschlossen hat, will
eine herrschsüchtige Parteiregierung schon heute dem Volk
das wichtige Grundrecht der Präsidentenwahl entziehen.
Die Stunde der Rettung Deutschlands geht verloren;
darum bleibt kein anderes Mittel übrig, als eine Regierung
der Tat.
Welches sind die Aufgaben, die sich die neue Regierung
stellt?

Die Regierung wird
den Friedensvertrag unter Wahrung der Ehre des
deutschen Volkes und seiner Lebens- und Arbeitsfähigkeit
ausführen, soweit es möglich ist und nicht
Selbstvernichtung bedeutet.

Die Regierung wird
die Finanz- und Steuerhoheit der Bundesstatten,
die sie zur selbständigen Erfüllung ihrer Kulturaufgaben
nötig haben, auf verfassungsmäßig föderativer
Grundlage wiederherstellen.

Die Regierung wird
die Kriegsanleihen als gerechte Gegenleistung für
treu erfüllte vaterländische Pflicht sicherstellen und
ihre demnächstige Rückzahlung einleiten.

Die Regierung wird
zur Wiederaufrichtung des Staates den ländlichen
und städtischen Grundbesitz zu entsprechender Steuerleistung
heranziehen. Nach schweren staatlichen Zusammenbrüchen
ist es immer der Grundbesitz gewesen,
der die Opfer der Wiederaufrichtung tragen
mußte. Die Regierung erwartet, daß er auch jetzt
seiner vaterländischen Ehrenpflicht genügt.

Die Regierung wird
aber dem Grundbesitz, damit er in den Stand gesetzt
wird, solche Opfer zu tragen, die wirtschaftliche
Freiheit zurückgeben. Hieraus allein wird eine
Hebung der Produktion und der Staatsfinanzen er-
wachsen. Zugleich wird es ihre Hauptsorge sein,
Minderbemittelte und Festbesoldete mit Nahrungs-
mitteln zu erträglichen Preisen zu versorgen.

Die Regierung wird
Streiks und Sabotage rücksichtslos unterdrücken.
Gehe jeder friedlich seiner Arbeit nach. Jede arbeitsfreudige
Hand ist unseres nachdrücklichen
Schutzes sicher. Streik ist Verrat am Volk, an
Vaterland und Zukunft.

Die Regierung wird
die Arbeitslosigkeit zum Zwecke der wirtschaftlichen
Neuordnung in hervorragendem Maße zur Vorbereitung
und zur tätigen Mitarbeit neben den an-
deren Berufs- und Erwerbsständen heranziehen.
Sie wird nicht eine Regierung des einseitigen Kapitalismus
sein, sie will vielmehr die deutsche Arbeit
vor dem harten Schicksal der internationalen
Verknechtung unter das Großkapital behüten und
hofft durch diese Maßnahmen der Staatsfeindschaft
der arbeitenden Klassen ein Ende zu bereiten.

Die Regierung wird
die bestehende Versicherungs-Gesetzgebung mit einem
freiheitlichen Selbstverwaltungsrecht der Arbeiter
ausstatten.

Die Regierung wird
ein Heimstätten-Gesetz für Stadt und Land bringen,
welches jedem Deutschen den Zugang zum Grundeigentum
und zum Eigentum überhaupt erleichtert.

Die Regierung wird
es als ihre heilige Pflicht betrachten, den Kriegs-
beschädigten und den Hinterbliebenen der gefallenen
Krieger ihre wohlverdienten Bezüge in vollstem
Maße sicherzustellen.

Die Regierung wird
für die das Vaterland gegenwärtig mit der Waffe
schützenden Soldaten und ihren Angehörigen nachdrücklich
sorgen und ihnen gegen persönlichen und
wirtschaftlichen Boykott jeden Schutz zuteil werden
lassen. Das Gleiche gilt für die Zeitfreiwilligen
und die Angehörigen der Einwohnerwehr, Sicherheitswehr,
Polizei, Gendarmerie und der technischen Nothilfe.

Die Regierung wird
die Freiheit der Kirchen gewährleisten und die nationale
und religiöse Erziehung wiederherstellen.
Absplitterungsversuche vom Reich werden als Hoch-
und Landesverrat standrechtlich erledigt. Wir sind stark
genug, unsere Regierung nicht mit Verhaftungen und an-
deren Gewahrmaßregeln zu beginnen. Aber wir werden
jede Auflehnung gegen die neue Ordnung mit schonungsloser
Entschlossenheit niederschlagen.
Wir werden regieren nicht nach Theorien, sondern nach
den praktischen Bedürfnissen des Staates und des Volkes
in seiner Gesamtheit. Nach bester deutscher Überlieferung
hat der Staat über allem Kampf der Berufsstände und
der Parteien zu stehen. Er ist der unparteiische Richter
in dem gegenwärtigen Kampf zwischen Kapital und Arbeit.
Jede Klassenbevorzugung, sei es nach rechts oder nach links,
lehnen wir ab. Wir kennen nur deutsche Staatsbürger.
Jeder deutsche Staatsbürgern, der in dieser schweren
Stunde dem Vaterlande gibt, was des Vaterlandes ist,
kann auf uns bauen.
Tue jeder seine Pflicht! Heute ist Arbeit die vornehmste
Pflicht für jedermann. Deutschland soll sein eine sichtliche
Arbeitsgemeinschaft!

Die Farben der Deutschen Republik sind
schwarz-weiß-rot!
Der Reichskanzler
Kapp."